16. Februar 2018.
Die Kap Verden waren ungewöhnlich kalt. Soweit die
Einheimischen sich zurückerinnern konnten, hatten sie noch nie so kalte
Temperaturen erlebt. Zu unserem Ärger, denn wir sehnten uns schon lange nach
einem Bad im Atlantik. Mindelo hat Scharm, ist einfach und die Menschen
freundlich. Auch hier folgte ich meiner Tradition und ließ mir für umgerechnet
4 Euro die Haare schneiden. Mein Versuch, dem jungen Mann zu erklären, welche
Frisur ich an mir sehen möchte, fiel auf Interessenlosigkeit. Er schnitt
einfach drauf los und wie immer dachte ich bei mir, nur gut, dass sie wieder
wachsen. Das Ergebnis konnte sich jedoch durchaus sehen lassen. Er nahm sich
Zeit und verstand sein Handwerk.
Gern wären wir noch etwas länger geblieben und hätten uns noch
weitere Inseln der Kap Verden angeschaut. So legten wir gegen 17:00 Uhr ab und
motorten, da der erwartete Wind ausblieb, zur Südwestküste der Nachbarinsel
Santo Antão und ankerten gegen 23:00 Uhr vor dem kleinen Örtchen Tarrafal. Noch
nachts erkundeten Bruno und ich mit dem Dinghi das Ufer und im Schein der
Taschenlampen sahen wir im azurblauen Wasser zahlreiche Trompetenfische und
tausende von fliegenden Fischen schwirrten durch die Luft und zeigten ein
einzigartiges Naturschauspiel. Am kommenden Morgen setzte ich zuerst Sohail und
Roland am Strand ab. Ein einheimischer junger Mann half uns dabei, denn ein
steiniger Strand und leichte Brandung ließ die Strandung zu einem heiklen
Unternehmen werden. Bis auf eine ins Dinghi schwappende Welle und nasse Hosen
ging alles gut. Ich tuckerte wieder zur Yacht und holte Ute, Jelena und Bruno.
Mit Speed auf den Strand zu fahrend, erkannte ich die abwinkenden Armgesten der
Einheimischen zu spät. Wenige Meter vor dem Strand erfasste eine von hinten
kommende Welle unser Dinghi, schleuderte das Heck in die Luft, und dass sich
überschlagende Dinghi tauchte uns unter Wasser. Die Welle spülte uns an den
Strand, wo uns auch schon Helfer entgegenkamen. Das Dinghi war schnell
aufgerichtet. Den bis dato neuen Außenborder hatte ich schnell im Wasser
gefunden und trug ihn an den Strand. Wir hatten Glück gehabt, denn alle
Verunglückten sind mit Schürfwunden davongekommen. Vier Brillen und
Kleinigkeiten wurden vermisst. Wir konnten es gar nicht glauben, dass drei
junge Männer alles nur mit ihren Händen aus den Wellen fischten. Alle bemühten
sich um den Außenborder, jedoch vergebens, er wollte nicht anspringen. Das
ganze Dorf, einschließlich der wenigen Touristen liefen am Stand zusammen und
bildeten eine neugierige Traube um uns. Wir ließen Dinghi und Außenborder am
Strand zurück und gingen in Begleitung einiger einheimischer Jungs ans andere
Ende des Dorfes in ein einfaches Restaurant. Wir labten uns am köstlichen
Hummer, leckeren Fisch und kühlen Bier und waren glücklich über den glimpflichen
Ausgang unseres Abenteuers. Schweren Herzens verabschiedeten wir Sohail, da er
in Kürze seiner Arbeit wieder nachgehen musste und für eine grundlegende
Veränderung in seinem Leben noch nicht bereit war.
Wir bezahlten vier hilfsbereite Jungs, die uns, das Dinghi
und Außenborder wieder zurück zur Jacht brachten.
Gegen 17:00 Uhr wurde der Anker mit Muskelkraft gehoben, da
wir die elektrische Ankerwinsch nicht zum Laufen brachten. Wir motorten nach Westen,
um aus dem Windschatten der Insel zu gelangen, setzten dann die Segel und
segelten mit achterlichem Wind Richtung Süden. Die teils 5 Meter hohen aber von
schräg hinten kommenden und langen Wellen schaukelten die Jacht doch ganz
ordentlich hin und her. Seekrank ist jedoch niemand mehr geworden. Die ersten
vier, fünf Tage hatten wir guten Wind zum Segeln, der jedoch stetig abnahm und
wir mehr und mehr den Motor anmachen mussten. So wie die lange Weile zunahmen,
nahm auch die Temperaturen zu. Das hatte den Vorteil, dass die Körperreinigung
jederzeit möglich war. Das Süßwasser wurde ausschließlich zur Essensbereitung
und zum Zähneputzen verwendet. Die Körperreinigung erfolgte mit Meerwasser aus
dem Eimer oder wer sich traute, konnte sich an einem Seil festhaltend
hinterherziehen lassen. Man musste sich aber kräftig festhalten. Man denkt
nicht, wie eine Wasserströmung von 6 bis 7 Knoten (reichlich 10 km/h) an einem
zieht. Täglich wurden fliegende Fische beobachtet. Auch an Deck fanden wir das
ein oder andere Fischlein, leider zu spät um sie zu retten und zum Essen waren
sie zu klein. Die Tage vergingen auch mit Nichtstun und so freuten wir uns auf
die nächste Landsichtung. Sant Peter und Paul ist eine von Brasilien für
Militär und Forschung genutzte unbemannte Insel. Ein kleiner, schwarzer,
schroffer Felsen auf dem ein Haus steht, ein Paar Antennen und ein Leuchtfeuer.
Die an den Felsen tobende Brandung ließ einen Landgang nicht zu. Ein in
unmittelbarer Nähe der Insel kreisender, kleiner Fischerkutter kam dicht an uns
heran und die Fischer hielten über einem Meter lange Fische nach oben und
stellten ihren Fang zur Schau. Wir ärgerten uns erneut, dass unsere vielleicht
auch stümperhaften Angelversuche erfolglos geblieben waren.
Selten regnete es, aber als wir ein paar Fotos von der Insel
machen wollten, goss es in Strömen. Wir segelten weiter und nahmen direkten
Kurs auf Fernando de Noronha.
Am Dienstag, den 27.02.2018, 01:46 Uhr war es endlich so
weit. Alle fanden sich im Cockpit ein und der Sektkorken knallte, als wir genau
auf dem Breitengrad 00°00,000' standen. Eine laue Sommernacht und weitere
Flaschen Wein ließen uns die Nacht nicht schlafen. Party auf dem Äquator. Ich
konnte es mir natürlich nicht nehmen lassen, eine Runde um die Enjoy zu
schwimmen. Weil wir tagsüber einige drei Meter lange Fische mit Haifischflosse
gesehen hatten, war ich der einzige im Wasser. Laut Bruno waren es Fische aus
der Delphinfamilie, aber die Crew war skeptisch.